Tafelmalerei
10/05/25 13:47

Zwei der beeindruckendsten Bilder im Kulturhistorischen Museum Magdeburg.
Großansicht Nathusius | Großansicht Bombennacht
Das linke wurde von Johann Friedrich Hesse um 1820 gemalt und stellt Johann Gottlob Nathusius (1760-1835) dar. Ein wunderbares Portrait. Johann Gottlob sieht leicht belustigt aus, ein bisschen skeptisch, aber auch beschwipst. "Poet oder Philosoph", dachte ich zuerst, als ich es sah. "Warum habe ich von dem noch nie was gelesen?" Nun, er war kein Poet oder Philosoph, sondern ein erfolgreicher Frühkapitalist. Gründete den ersten deutschen Industriekonzern mit mehr als 30 Teilunternehmen, darunter auch die Tabakfirma Gottlob Nathusius, die von 1786 bis 1950 bestand und vor dem Zweiten Weltkrieg zu den größten und bekanntesten Tabak- und Zigarrenfabriken Deutschlands gehörte. Johann Gottlob war der reichste Mann Magdeburgs seiner Zeit.
Das rechte Bild heißt "Die Bombennacht" und wurde 1944/45 von Hermann Bruse gemalt. Eine ziemlich packende Darstellung dessen, was bei den Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg am Boden geschah. Man hat in den üblichen Dokumentationen oft nur die Bombergeschwader, die ausgeklinkten Bomben und die brennenden Städte. Manchmal hört man noch Beschreibungen von Zeitzeugen. Aber Bruses Bild leistet etwas, was Fotografie im Chaos des Geschehens kaum kann: Es imaginiert die Realität. Bruse war ein kommunistischer Maler, der in der Zeit des Nationalsozialismus aktiven Widerstand leistete. Er wurde 1934 verhaftet und bei seiner Entlassung 1937 mit einem Mal- und Ausstellungsverbot belegt, arbeitete aber trotzdem weiter und leistete auch weiter Widerstand. 1944 wurde er ein weiteres Mal verhaftet und zum Tod verurteilt. Zur Vollstreckung des Urteils kam es nicht mehr, weil sich die Nazistrukturen in Magdeburg angesichts des alliierten Vorrückens auflösten. Bruse hatte mehr Glück als die KZ-Gefangenen, die noch am 13. April 1945 im Magdeburger Stadion "Neue Welt" massakriert wurden. Für die Überlebenden endete auch danach der Leidensweg noch nicht.
Bruse engagierte sich nach dem Krieg in der SED, war ein Gründungsmitglied des Kulturbunds der DDR. Nach 1949, so heißt es, wandte er sich einem realistischeren Stil zu, der deutlich von sowjetischen Einflüssen geprägt gewesen sei und ein "optimistisches Menschenbild" propagiert habe. Man fragt sich, wie er bei seinen Erfahrungen zu diesem Menschenbild gekommen ist. Er starb 1953.
Hermann Bruse bei der Arbeit.