Signal und Rauschen

signalundrauschen
Nachts um Zwei. Alles still, niemand auf den Straßen. Sogar die Motorradjungs liegen in ihren Betten und träumen von mehr Geschwindigkeit, mehr, schneller! Es kann schon sein, dass ich gerne über die Stadt hinrufen würde, um etwas zu sagen, was ich nicht sagen kann. Aber das wäre ja peinlich, das würde nur stören. Ich kann sehen. Zum Beispiel das grüne Flimmern im obersten Stockwerk eines Nachbarhochhauses, vielleicht 150 Meter entfernt. Was ist das? Grüne LEDs sind das. Kein Privatanwender, es sind zu viele. Ich sehe einem ganzen Serverraum bei diesem Flimmern zu, das anzeigt: Hier ist alles ok mit Latenz und Durchsatz. Da gehen die Daten nur so durch, deine, meine, alle. Tagsüber flimmern die Lichterketten des Datenverkehrs auch, aber sie sind dann für mich nicht sichtbar. Der Funk, der zwischen den Antennen auf den hochgelegenen Hausdächern in der Stadt hin und her geht, ist nie sichtbar. Der Hass, die Liebe, die Banalitäten. Lügen und Kochrezepte. Panikmache und Information. Die wenigen Goldkörnchen in all dem Müll. Die Luft müsste dick sein nicht nur von Verkehrs-, Heizungs- und Industrieabgasen, sondern auch von all den Signalen. Ist sie aber nicht. Wir atmen keine elektromagnetischen Felder. Wir sehen das Flimmern der LEDs und der Bildschirme. Und die Antennen.

"Faustregel" aus meinem Gedichtband Halbdunkles Licht:

Faustregel

Ein Buch aufschlagen,
im Dunkeln lesen,
was keiner glaubt,
wie ein Geheimdienst.

Schöne Musik ist hier,
weil alle Antennen summen.
Anderswo leuchten die Meere,
dass es eine Last ist.

[MP3] [Buchtrailer]