Spätkauf

jellyfFed

Am Samstagabend in die Stadt zurückkommen und nichts mehr im Kühlschrank haben: Es muss kein Problem sein. Ich bin mir sicher, dass der Supermarkt, der nächstgelegene, bis 22.00 Uhr geöffnet hat, denn das hier ist eine Großstadt, und ich habe ja in diesem speziellen Supermarkt schonmal spät eingekauft. Weil ich ganz sicher bin, muss ich nicht sofort losstürzen. Ich kann alles auspacken und verräumen, ich kann einen Tee trinken, locker sein. Trotzdem alert bleiben, trotzdem einen Zeitpuffer einplanen: Aufbruch zum Einkauf ca. 20.30 Uhr. Als ich dann auf den Supermarkt zulaufe, nimmt meine Gewissheit ab. Das sieht ein bisschen verlassener aus, als mir recht sein kann. An der Glastür steht: Samstag 10.00 - 20.00 Uhr. Na sowas. Logistik, denke ich auf dem Nachhauseweg, Logistik ist nicht meine Kernkompetenz. Eine gewisse Enttäuschung über mich, die Welt, den Einzelhandel. Ich denke an meinen Kühlschrank. Natürlich ist er nicht ganz leer. Ein bisschen was ist da, ein bisschen kümmerlich. Wird schon gehen bis Montag. Wird schon.

Im Aufzug nach oben treffe ich auf einen Nachbarn, der einige Bananen dabei hat. Er lächelt mich freundlich an. Spontan frage ich ihn, ob er mir zwei Bananen verkauft. Er nickt begeistert und hält mir die Früchte hin. Ich greife nach meinem Geldbeutel, aber er wehrt ab: "Nein, nein." Ich nehme zwei schöne, große Bananen und denke daran, ihm doch zwei Euro aufzunötigen, damit die Schuld beglichen ist. Aber da muss er schon aussteigen. Er verabschiedet sich freundlich. In meiner Wohnung denke ich, dass ich heute Abend zu meinem Notbrot eine Banane essen kann und am nächsten Morgen zu meinem Notmüsli auch. Warum bin ich so bewegt? Es war doch nur eine einfache Geste.