Vorabend

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Das Feuer bestimmte die Bewegungen. Erst wollten alle ganz nahe beim Scheiterhaufen sein; ich auch, zum Fotografieren. Aber man ließ den Künstlerinnen, die vorher Feuerzauber gemacht hatten, einen Weg frei. Zum Anzünden. Die Hitze wurde bald unerträglich, und der Kreis dehnte sich aus. Noch in größerer Entfernung glühten die Gesichter. Man rückte wieder näher, als der Brennstoff nach und nach aufgebraucht wurde. Die langsame Atemfrequenz einer Menschenmasse: aus, ein, aus. Dann zerstreute sich das spontane Kollektiv, das zusammen geatmet hatte, ohne davon zu wissen. Die Frau an der Bar fragte mich nach dem Pfandchip für meine Flasche, den ich nicht vorweisen konnte.

"So, so", sagte sie, "Sie haben also gar keinen Chip bekommen?"

Ich gestikulierte einen luftigen Rahmen um meinen Kopf. "Kann dieses Gesicht lügen?"

Fröhliches Gelächter der Kollegin.

"Da will ich Ihnen mal glauben. Meine gute Tat für heute!" Die Barfrau legte mir den Euro hin.

Gutgelaunt ging ich durch die leeren Straßen nach Hause.

Daheim machte sich der zusätzliche Feinstaub in meiner Lunge bemerkbar. Aus, ein, aus. Meine Kleider rochen nach Rauch. Beim Ansehen der Feuerbilder wurde mein Gesicht wieder warm.

Mein erstes Osterfeuer.

Frohe Ostern.

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